Besondere Straßen – besondere Kommunikation
Wie gewinnt man fünf grundverschiedene Zielgruppen für eine Fahrradstraße?
Der Kunde: Ein Bündnis für mehr Lebensqualität
Wir kennen sie alle: die alltäglichen Hindernisse und Gefahren im kommunalen Straßenverkehr und die besondere Herausforderung, sich als Fußgängerinnen, Fußgänger oder Radfahrende sichere Wege zu suchen. Damit dieser Bereich mehr Beachtung gewinnen und sich positiv weiterentwickeln kann, hat sich der gemeinnützige Verein "wegebund" gegründet, der sächsische Kommunen berät und vernetzt, damit sie fahrrad- und fußgängerfreundlicher werden können. Innerhalb verschiedenster Projekte werden Lösungen entwickelt, die dauerhaft mithilfe der Expertise von Fachfirmen, Forschungseinrichtungen oder Arbeitsgremien aus der Verkehrsplanung und für viele Mitgliedskommunen nutzbar sind.
Die Strategie: Verständlich und fair. Für alle.
Die Ausgangslage: Die Fahrradstraße braucht ein Maßnahmenpaket
Ein Projekt und große Herzensangelegenheit startete der wegebund 2023: die Infokampagne zur Einführung von Fahrradstraßen. In einer Ausschreibung wurde nach einer Lösung gesucht, die Mitgliedskommunen des wegebunds mit effektiven Kommunikationswerkzeugen auszustatten, um die Akzeptanz und das Bewusstsein der Bevölkerung für Fahrradstraßen zu erhöhen. Die besondere Herausforderung dabei: die Unterschiedlichkeit der angesprochenen Zielgruppen.
Unser Ansatz: Alle Beteiligten sind wichtig
Ein großes Augenmerk lag von Beginn an auf den sehr heterogenen Zielgruppen – einerseits die Kommunen als Anwendende des Leitfadens, andererseits die Adressaten der Kampagne – die wir noch einmal genauer beleuchtet und gruppiert haben. Innerhalb der strategischen Erarbeitung wurde schnell klar: die Radfahrenden als Zielgruppe haben wir eigentlich vor Beginn der Kampagne schon gewonnen. Viel wichtiger war es, die anderen Verkehrsteilnehmer und -nehmerinnen von den Vorteilen der Fahrradstraße zu überzeugen und die Kommunen mit den richtigen Informationsmaterialien auszustatten.
Die Bedenken: Wenn Gefühle im Spiel sind, braucht man gute Argumente
Eine große Herausforderung war die Tatsache, dass wir sehr unterschiedliche Zielgruppen ansprechen müssen. Autofahrende, betroffene Anwohner und Anwohnerinnen sowie Dienstleistende stehen der Fahrradstraße skeptisch gegenüber. Fußgängerinnen und Fußgänger oder ängstliche Fahrradfahrende haben auch ihre Bedenken. Nicht alle Verkehrsteilnehmenden sind mit der Einrichtung einverstanden, weil sie dadurch Nachteile haben oder ihr Fahrverhalten anpassen müssen. Entsprechend emotional geladen ist das Thema. Uns war es in Folge besonders wichtig, dass allen ein Nutzen aufgezeigt wird, der sie persönlich betrifft. Eine weitere wichtige Gruppe galt es auch noch abzuholen: die Empfängerinnen und Empfänger des Aktionskoffers, die Kommunen. Essenziell für einen Erfolg war der Anspruch, die Handreichung für diese Zielgruppe inhaltlich so zu gestalten, dass es auch weniger geübten Mitarbeitenden in den Verwaltungen leichtfällt, das Thema mit Fingerspitzengefühl zu kommunizieren.
Die Besonderheit: Wir kennen die Zielgruppe von Anfang an
Alle Bearbeitungsschritte der Kampagne wurden vom wegebund und einer externen Begleitgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Kommunen und dem ADFC, in mehreren Schulterblickterminen besprochen und weiterentwickelt. Ein seltenes Glück: Wir hatten ungewöhnlicherweise alle relevanten Zielgruppen direkt im Boot – Radfahrende, Fußgängerinnen und Fußgänger, Autofahrende und Kommunen – und konnten mit ihnen gemeinsam eine passgenaue Kommunikation mit allen erforderlichen Informationen erarbeiten.
Die Umsetzung: Verständlich. Für alle.
Entscheidend für die gestalterische und textliche Umsetzung war die Besonderheit, dass wir nicht die Radfahrer selbst adressieren müssen, sondern Menschen die im Umfeld einer (geplanten) Fahrradstraße leben – unabhängig davon, ob sie selbst Fahrrad fahren. Schnell herrschte Einigkeit darüber: Wir kommunizieren mit erwachsenen Menschen, deren Bedenken wir ernst nehmen. Das bedeutet, dass wir keine kindlich anmutende "heile Fahrradfahrerwelt" abbilden, sondern eine eher pragmatische Veranschaulichung wählen, die gleichermaßen neutral wie realistisch ist.
Die gewählte grafische Darstellung schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: zum einen ermöglicht sie die präzise Abbildung bestimmter Verkehrssituationen – fotografisch nur mit sehr hohem Aufwand nachstellbar – zum anderen versetzt sie den Betrachter problemlos in eine beobachtende Perspektive. So ist in Kombination mit dem Text die Botschaft der jeweiligen Szene schnell zu erfassen.
"Das gemeinsame Projekt mit VOR war geprägt von guter Kommunikation und Organisation durch die Projektmanagerin. Die Strategin hatte immer eine Begründung parat und der Grafiker auf unsere Fragen immer überzeugende Antworten. Unsere Anforderungen wurden umgesetzt, unsere Bedenken berücksichtigt, sodass wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden sind."
Birgit Lies
Referentin für Rad- und Fußverkehr
Der Kampagnenkoffer: ein bunter Strauß an Medien und Maßnahmen
Da Kommunen sehr vielfältig in ihren Einwohnerzahlen und die Zielgruppen variantenreich in ihrem Medienkonsum sind, haben wir den Kampagnenkoffer mit einem bunten Mix an Medien und Texten gefüllt. Ziel ist stets, die Leute miteinander ins Gespräch zu bringen und Informationen zu vermitteln. Alle Inhalte des Kampagnenkoffers sind in einem ausführlichen Leitfaden erklärt, um den Kommunen die Arbeit mit den Inhalten und die Kommunikation zu Fahrradstraßen so einfach und praktikabel wie möglich zu machen.